Radreisen
Ich weiß noch ziemlich genau, wie das alles anfing. Noch vor der Wende, da waren wir ungefähr 16 Jahre alt, überraschte mich mein Freund Carsten mit der ziemlich verrückten Idee, mit den Fahrrädern an die Ostsee zu fahren. Von Dresden aus! Das entspricht nach meinen heutigen Maßstäben einer Fahrradreise von Stuttgart nach Sizilien, so unfassbar weit kam mir das damals vor. Ich verstand erst gar nicht, wie er sich das vorstellte. Mit alten Gepäcktaschen aus Leder, mit einem DDR-Zelt und mit Hilfe einer sehr groben Karte wollte er es mit meiner Navigationshilfe irgendwie zur Insel Usedom schaffen.
Nun gut, der Sommer war ja noch lang. Dass die Mauer bald fallen würde, konnten wir nicht ahnen, wir mussten noch irgendetwas erleben vor dem nächsten Winter. Also sind wir einfach losgefahren. In vier Tagen durch die Lausitz, östlich an Berlin vorbei, über Pasewalk und Anklam irgendwie nach Usedom. Und nach ein paar Tagen am Strand mit der Bahn wieder zurück. Von dieser Fahrt habe ich leider keine Bilder, weil wir uns damals so etwas wie Kameras gar nicht leisten konnten.
Was mir damals noch nicht klar war: Das war der Beginn einer großen Leidenschaft. Später bin ich noch zwei Mal mit Carsten in den etwas weiteren Norden gefahren. Dann mit meiner Freundin nach Süden und seitdem noch ein paar Mal ganz allein. Nur ich, mein Rad, mein Zelt und mein Schlafsack. Ein wunderbares Hobby!
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Ich bin wirklich ein geselliger Mensch, also es ist nicht so, dass ich menschenscheu wäre oder so. In meiner Wohnung geht es laut und bunt zu, dafür sorgt schon meine italienische Frau. Aber dann und wann, so alle drei, vier Jahre, da wird mir das etwas zu viel. Da muss ich dann raus in die Natur, und dann darf es auch ungemütlich und regnerisch werden. Dann soll ruhig der Wind an meinem Zelt zerren und schauen, ob er es wegwehen kann. Und dann finde ich wieder ganz zu mir. Verstehen Sie, was ich meine? Falls ja, dann können Ihnen meine Reisen vielleicht als Anregung dienen, wer weiß …